WiS Werdegang

Wir sind uns der Herausforderungen bewusst, mit denen Frauen in der Wissenschaft konfrontiert sind, und wollen deshalb interne Maßnahmen ergreifen, um exzellente Wissenschaftlerinnen auf allen Karrierestufen zu rekrutieren und zu fördern. So haben wir zunächst Prof. Irmgard Förster für die Leitung der Abteilung Immunologie und Umwelt gewonnen. In den Jahren 2018 und 2020 sind weiterhin Prof. Eva Kiermaier und Prof. Elvira Mass ans LIMES-Institut berufen worden. Gemeinsam wollen wir Mitarbeiter*innen und Studierende dabei unterstützen, den Übergang von der studentischen Ausbildung zu selbstständigeren Positionen und leitenden Forschungsaufgaben besser zu meistern.

Interview mit Prof. Irmgard Förster

durchgeführt von Prof. Eva Kiermaier

Trotz der Fortschritte bei der Gleichstellung der Geschlechter im letzten Jahrzehnt sind Wissenschaftlerinnen in der Forschung unterrepräsentiert. Die Fortschritte sind langsam, und es gibt immer noch geschlechtsspezifische Unterschiede auf der ganzen Welt. Wir wollen eine Reihe von Interviews mit unseren WiS-Sprecherinnen initiieren, um mehr über ihre Erfahrungen zu lernen. Die erste Kandidatin aus unserer Liste ist Irmgard Förster, die erste (und für viele Jahre die einzige) Professorin am LIMES-Institut.

Während meines Studiums der Humanbiologie in Marburg hatte ich die Möglichkeit, für zwei Jahre im Institut für Immunologie direkte Einblicke in die Forschung zu erhalten und eng mit den 'Behringwerken' in Marburg zusammenzuarbeiten. Die Firma war bekannt für die Entwicklung von Impfstoffen und hatte auch eine Abteilung für Grundlagenforschung, in der ich meine Masterarbeit schrieb.  Wir bekamen auch die Möglichkeit, das Basel Institut für Immunologie zu besuchen, in dem viele weltweit führende Experten der Immunologie arbeiteten, wie z. B. Harald von Böhmer, der einen wesentlichen Beitrag zur Entschlüsselung der T-Zell-Entwicklung im Thymus geleistet hat. Das war ein sehr stimulierendes Umfeld, und ich konnte in dieser Zeit die Klonierung des T-Zell-Rezeptors durch Susumo Tonegawa miterleben, der später, 1987, den Nobelpreis für Physiologie für die Entdeckung des genetischen Mechanismus der Antikörpervielfalt erhielt.

Es gab mehrere herausfordernde Zeiten. Insgesamt bin ich ziemlich viel umgezogen und war lange Zeit auf befristeten Stellen tätig. Mein Mann und ich pendelten zunächst zwischen Ländern oder sogar Kontinenten, später zwischen verschiedenen Städten in Deutschland. Nach meiner Rückkehr aus den USA baute ich meine unabhängige Forschungsgruppe in Köln auf, während mein Mann noch in Toronto arbeitete und dann seine eigene Forschungsgruppe in München gründete. Danach wurde ich als außerordentliche Professorin für Mukosale Immunologie in München berufen, allerdings mit einem 6-Jahres-Vertrag und ohne Tenure-Track-Option.

Der Druck war ziemlich hoch, eine feste Stelle im akademischen Bereich zu finden, während ich schwanger war. Schließlich gelang es uns, zwei Stellen in Düsseldorf zu bekommen: Ich wurde an einem Forschungsinstitut außerhalb der Universität als außerordentliche Professorin angestellt, während mein Mann als ordentlicher Professor an der Medizinischen Fakultät tätig war. Im Jahr 2012 wurde ich als W3-Professorin an das LIMES-Institut berufen und pendle seitdem zwischen Düsseldorf und Bonn.

Die Wissenschaft hat mich immer begeistert. Unsere Jobs haben mich/uns erfüllt und wir hatten nicht das Gefühl, dass das Pendeln ein großes Problem ist, solange wir kein Kind hatten. Unter der Woche arbeitet man sehr hart, aber dann haben wir die Wochenenden und die freie Zeit genutzt, um uns zu entspannen und zu genießen. Wir haben immer versucht, gemeinsam Lösungen zu finden.

Was die Jobsituation angeht, ist es sehr wichtig, aktiv an seiner Karriere zu arbeiten: Förderanträge zu schreiben und zu versuchen, eigenes Geld zu organisieren, war essentiell für mich, um eine Stelle in München zu bekommen. Auch die Vernetzung mit anderen Wissenschaftlern war extrem wichtig. Später, nachdem unser Sohn auf die Welt kam, haben wir uns gemeinsam um seine Erziehung gekümmert, aber zusätzlich auch eine Kinderfrau eingestellt, damit wir beide unseren Karrieren nachgehen konnten.

Im Allgemeinen glaube ich, dass die Situation besser wird: Es gibt mehr Stellen in der Wissenschaft und das Tenure-Track-System ist in Deutschland gut etabliert. Außerdem gibt es verschiedene gute Programme zur Förderung von Wissenschaftlerinnen. In der Wissenschaft ist es extrem wichtig, aktiv zu sein und die Chancen zu nutzen, die sich bieten. Es ist vielleicht nicht gleich die perfekte Position oder Situation, aber Geduld, Beharrlichkeit und Kompromissbereitschaft zahlen sich letztlich aus.

Was die Herausforderungen angeht, so ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie immer noch schwierig. Weniger Zeit für Meetings zu haben, vermindert die Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen und erschwert das Networking. Wissenschaftlerinnen haben dadurch auch oft weniger Kontakt zu Editoren, was zu Nachteilen bei Publikationen führen kann.

Es gibt keine ultimative und allgemeine Lösung. Individuelle und flexible Unterstützung muss vom Arbeitgeber angeboten werden. Was die Kinderbetreuung angeht, müssen wir die Akzeptanz von Elternzeit und familiären Verpflichtungen verbessern. Es ist eine gemeinsame Verantwortung, bei der sich Frauen und Männer gleichermaßen engagieren müssen.

Ich glaube fest daran, dass man mit ganzem Herzen Spaß an der Wissenschaft haben muss, um erfolgreich zu sein. Die Arbeit wird sich auszahlen, wenn man sich für das interessiert, was man tut. Es ist auch wichtig, den richtigen Partner zu wählen, der die eigenen Ambitionen unterstützt. Gleichzeitig helfen entscheidende Erfolgserlebnisse, über die Phasen hinwegzukommen, in denen die Dinge nicht so glatt laufen wie erwartet.